Das Wichtigste in Kürze
- Versicherungen kürzen systematisch – oft ohne rechtliche Grundlage
- Eine fundierte Stellungnahme sichert die vollständige Schadensregulierung
- Jeder Einwand lässt sich mit BGH-Rechtsprechung entkräften
- Nutzen Sie unsere Musterbausteine für Ihre Argumentation
Warum Versicherungen kürzen
Versicherungen sind wirtschaftlich orientierte Unternehmen. Jede Kürzung bedeutet eine Ersparnis – und in der Masse summieren sich auch kleine Beträge zu erheblichen Summen. Dabei setzen viele Versicherer darauf, dass Geschädigte und Gutachter die Kürzungen nicht hinterfragen oder den Aufwand einer Gegenwehr scheuen.
Die gute Nachricht: Die Rechtsprechung ist in den meisten Fällen auf Seiten der Geschädigten. Mit den richtigen Argumenten und einer fundierten Stellungnahme lassen sich nahezu alle Kürzungsversuche erfolgreich abwehren.
„Die UPE-Aufschläge sind nicht erstattungsfähig"
Der Einwand der Versicherung:
Versicherungen behaupten häufig, dass Aufschläge auf die unverbindliche Preisempfehlung (UPE) nicht zum ersatzfähigen Schaden gehören, da diese über den „Listenpreis" hinausgehen.
Die rechtliche Realität:
UPE-Aufschläge sind nach ständiger BGH-Rechtsprechung grundsätzlich erstattungsfähig. Der Geschädigte hat Anspruch auf die tatsächlich anfallenden Kosten einer fachgerechten Reparatur in einer markengebundenen Fachwerkstatt seiner Region.
BGH VI ZR 53/09: „Der Geschädigte kann die Erstattung der Kosten verlangen, die in einer markengebundenen Fachwerkstatt in seiner Region üblicherweise anfallen – einschließlich marktüblicher UPE-Aufschläge."
Musterbaustein für Ihre Stellungnahme:
„Die im Gutachten angesetzten UPE-Aufschläge in Höhe von [X]% entsprechen den in der Region [Ort] bei markengebundenen Fachwerkstätten üblichen Konditionen. Nach der Rechtsprechung des BGH (VI ZR 53/09) sind diese Aufschläge als Teil der erforderlichen Reparaturkosten erstattungsfähig. Eine Kürzung ist daher nicht gerechtfertigt."
„Die Verbringungskosten sind zu hoch"
Der Einwand der Versicherung:
Die Versicherung kürzt die Kosten für das Verbringen des Fahrzeugs zur Lackiererei oder bestreitet deren Erforderlichkeit vollständig.
Die rechtliche Realität:
Verbringungskosten entstehen, wenn die reparierende Werkstatt keine eigene Lackiererei betreibt – was bei den meisten Fachwerkstätten der Fall ist. Diese Kosten gehören zum erforderlichen Reparaturaufwand.
BGH VI ZR 267/14: „Verbringungskosten sind erstattungsfähig, wenn sie bei einer Reparatur in einer markengebundenen Fachwerkstatt üblicherweise anfallen."
Musterbaustein für Ihre Stellungnahme:
„Die kalkulierten Verbringungskosten sind erforderlich, da die Werkstatt [Name] über keine eigene Lackiererei verfügt. Das Fahrzeug muss daher zu einem externen Lackierfachbetrieb verbracht werden. Die angesetzten Kosten entsprechen den regionalen Marktpreisen und sind nach BGH VI ZR 267/14 vollumfänglich erstattungsfähig."
„Der Stundenverrechnungssatz ist überhöht"
Der Einwand der Versicherung:
Die Versicherung verweist auf günstigere freie Werkstätten oder eigene „Partnerwerkstätten" und will nur deren niedrigere Stundensätze erstatten.
Die rechtliche Realität:
Der Geschädigte hat grundsätzlich das Recht, sein Fahrzeug in einer markengebundenen Fachwerkstatt reparieren zu lassen – mit den dort üblichen Stundenverrechnungssätzen. Eine Verweisung auf günstigere Werkstätten ist nur unter engen Voraussetzungen zulässig.
BGH VI ZR 398/02: „Der Geschädigte darf seiner Schadensberechnung die Stundenverrechnungssätze einer markengebundenen Fachwerkstatt zugrunde legen, die ein von ihm eingeschalteter Sachverständiger ermittelt hat."
Musterbaustein für Ihre Stellungnahme:
„Der im Gutachten angesetzte Stundenverrechnungssatz von [X] € entspricht dem marktüblichen Niveau der markengebundenen Fachwerkstätten in der Region [Ort]. Der Geschädigte ist berechtigt, diese Kosten seiner Schadensberechnung zugrunde zu legen (BGH VI ZR 398/02). Eine Verweisung auf günstigere Werkstätten ist vorliegend nicht zumutbar."
„Der merkantile Minderwert ist nicht nachgewiesen"
Der Einwand der Versicherung:
Die Versicherung bestreitet den merkantilen Minderwert oder will eine eigene (niedrigere) Berechnung ansetzen.
Die rechtliche Realität:
Der merkantile Minderwert ist ein eigenständiger Schadensposten. Er entsteht durch das verbleibende Misstrauen des Marktes gegenüber einem reparierten Unfallfahrzeug – unabhängig von der Qualität der Reparatur.
BGH VI ZR 357/13: „Der merkantile Minderwert ist auch dann zu ersetzen, wenn das Fahrzeug technisch einwandfrei repariert wurde. Er resultiert aus dem am Markt geringeren Verkaufswert eines reparierten Unfallfahrzeugs."
Musterbaustein für Ihre Stellungnahme:
„Der ermittelte merkantile Minderwert in Höhe von [X] € wurde nach der anerkannten Methode [BVSK/Halbgewachs/MFM] berechnet. Diese Berechnungsmethode ist von der Rechtsprechung anerkannt. Der Minderwert ist unabhängig von der Reparaturqualität zu ersetzen (BGH VI ZR 357/13)."
„Die Beilackierung ist nicht erforderlich"
Der Einwand der Versicherung:
Die Versicherung streicht die Kosten für die Beilackierung angrenzender Bauteile oder kürzt diese erheblich.
Die rechtliche Realität:
Eine Beilackierung ist erforderlich, wenn ohne sie sichtbare Farbunterschiede entstehen würden. Dies ist bei modernen Metallic- und Perleffekt-Lackierungen regelmäßig der Fall.
LG Saarbrücken 13 S 113/14: „Die Beilackierung angrenzender Teile gehört zu den erforderlichen Reparaturkosten, wenn sie fachlich notwendig ist, um ein einheitliches Erscheinungsbild herzustellen."
Musterbaustein für Ihre Stellungnahme:
„Die Beilackierung der angrenzenden Bauteile [Bezeichnung] ist fachlich notwendig, um Farbtonabweichungen zu vermeiden. Bei dem vorliegenden [Metallic-/Perleffekt-]Lack ist eine punktgenaue Farbübereinstimmung ohne Beilackierung technisch nicht möglich. Die Kosten gehören daher zum erforderlichen Reparaturaufwand."
„Die Mietwagenkosten sind überhöht"
Der Einwand der Versicherung:
Die Versicherung verweist auf den „Schwacke"- oder „Fraunhofer"-Tarif und will die tatsächlichen Mietwagenkosten kürzen.
Die rechtliche Realität:
Der Geschädigte muss sich nicht auf den günstigsten Tarif verweisen lassen, wenn dieser im konkreten Fall nicht verfügbar war oder er die höheren Kosten nicht zu vertreten hat.
BGH VI ZR 143/11: „Der Geschädigte kann Ersatz der Mietwagenkosten verlangen, die ein verständiger, wirtschaftlich denkender Mensch in seiner Lage für erforderlich halten durfte."
Musterbaustein für Ihre Stellungnahme:
„Die geltend gemachten Mietwagenkosten entsprechen dem Normaltarif des Anbieters [Name] in der Region [Ort]. Der Geschädigte hat sich vor Anmietung nach günstigeren Tarifen erkundigt; günstigere vergleichbare Angebote waren zum Anmietungszeitpunkt nicht verfügbar. Die Kosten sind daher als erforderlich anzusehen (BGH VI ZR 143/11)."
„Das Sachverständigenhonorar ist nicht ortsüblich"
Der Einwand der Versicherung:
Die Versicherung kürzt das Gutachterhonorar mit der Begründung, es übersteige die „üblichen" Sätze oder ein bestimmtes Honorartableau.
Die rechtliche Realität:
Der Geschädigte schuldet dem Gutachter das vereinbarte Honorar und kann dieses vom Schädiger ersetzt verlangen – es sei denn, es liegt ein offensichtliches Missverhältnis vor.
BGH VI ZR 225/13: „Der Geschädigte kann die Kosten eines Sachverständigengutachtens erstattet verlangen, soweit diese nicht deutlich überhöht sind und dies für den Geschädigten erkennbar war."
Musterbaustein für Ihre Stellungnahme:
„Das berechnete Sachverständigenhonorar liegt im Rahmen der BVSK-Honorarbefragung und entspricht den ortsüblichen Sätzen in der Region [Ort]. Ein offensichtliches Missverhältnis, das eine Kürzung rechtfertigen würde, liegt nicht vor (BGH VI ZR 225/13). Das Honorar ist daher vollständig erstattungsfähig."
Fazit: Kürzungen nicht einfach hinnehmen
Die Erfahrung zeigt: Viele Kürzungsversuche der Versicherungen sind rechtlich nicht haltbar. Mit einer fundierten Stellungnahme und den richtigen Argumenten lassen sich die vollständigen Ansprüche des Geschädigten in den meisten Fällen durchsetzen.
Als spezialisierte Kanzlei für Verkehrsrecht unterstützen wir Gutachter, Werkstätten und Geschädigte bei der Durchsetzung ihrer Ansprüche. Unsere Anwälte kennen die gängigen Kürzungspraktiken und wissen, wie man ihnen begegnet.
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